Jahrbuch Sucht: Geringe Therapiemöglichkeiten bei zunehmenden Cannabis-Konsumstörungen

Der Konsum von Alkohol und Tabak geht in Deutschland nur unwesentlich zurück. Der Drogenmissbrauch steigt weiter an. Im DHS Jahrbuch Sucht 2025 berichten ExpertInnen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) über aktuelle Trends.
Mit 10,2 Liter reinem Alkohol pro Jahr tranken Erwachsene in Deutschland 2023 weniger als im Jahr 2010 (11,6 Liter). Die Österreicher verhielten sich ähnlich: Im Jahr 2022 begnügten sie sich mit 11,5 Liter – statt 12,1 Liter 2010. Dennoch liegt der Alkoholpegel in beiden Ländern kontinuierlich über dem europäischen Level. „In Deutschland konsumieren 7,9 Millionen Angehörige der 18- bis 64jährigen Bevölkerung Alkohol in gesundheitlich riskanter Form.“ Weitere 9,0 Millionen Personen treiben einen „problematischen Alkoholkonsum“. Fast 233tausend Patienten mussten 2023 in Deutschland mit der Hauptdiagnose ´Verhaltensstörungen durch Alkohol´ stationär behandelt werden.
Die meistverbreitete – zu Unrecht verharmloste – Droge ist inzwischen Cannabis und wird häufig zusammen mit Tabak geraucht. „Cannabis wurde im vergangenen Jahr überwiegend auf dem Schwarzmakt gekauft und stammt aus Nordafrika. Im letzten Jahrzehnt ist der THC-Gehalt – und damit die Wirksamkeit – von Cannabisharz stark gestiegen. Es sind 4,9 Millionen erwachsene Deutsche, die angeben, Cannabis in den letzten 12 Monaten konsumiert zu haben – Männer etwas häufiger als Frauen. Männer sind auch nahezu doppelt so häufig von einem problematischen Cannabiskonsum betroffen im Vergleich zu Frauen. Insgesamt ist ein Anstieg des Cannabiskonsums zu beobachten, auch des problematischen Gebrauchs.
Cannabinoidbezogene Störungen sind aktuell nach den alkoholbezogenen Störungen der zweithäufigste Anlass für den Zugang zu Suchthilfeangeboten. Der Anteil an Betreuungen aufgrund von cannabinoidbezogenen Störungen im ambulanten Bereich hat sich seit der Jahrtausendwende verdreifacht, im stationären Bereich kam es zu einer Versiebenfachung. Der wirksamste Behandlungsansatz für Erwachsene mit Cannabis-Konsumstörungen ist eine Kombination aus kognitiv-behavioraler Therapie und Motivationsförderung. Für Kinder und Jugendliche werden auch familientherapeutische Interventionen empfohlen. Es gibt bislang keine wirksame Medikation zur Therapie von Entzugssymptomen, Craving oder Rückfallprophylaxe der Cannabisabhängigkeit,“ berichten Prof. Dr. Eva Hoch und KollegInnen im Jahrbuch Sucht. Da Cannabis weitgehend entkriminalisiert wurde, sind Betroffene eher bereit, Therapie nachzufragen.
Autoren des Bundeskriminalamts berichten über eine zunehmende Rauschgiftproduktion in Deutschland: Indoor- und Outdoorplantagen für Cannabispflanzen einerseits. Anderseits „wurden 2023 acht Produktionsstätten für Amphetamin und fünf für Methamphetamin sichergestellt. Darüber hinaus wurde erstmals in Deutschland ein NPS-Labor beschlagnahmt. Es verfügte über alle notwendigen Gerätschaften zur Herstellung von synthetischen Cannabinoiden in nicht geringer Menge…“ In der Aufzählung folgt eine Liste weiterer hochspezialisierter Labore – und professionell organisierter elektronischer Distributionsstrukturen … Der Drogenhandel floriert, teilweise mit einem Überangebot und ´günstigen´ Preisen. Das Jahrbuch beziffert in Deutschland mehr als 100tausend Amphetaminabhängige, mehr als 50tausend Amphetamin-Konsumenten, mehr als 40tausend Kokain-Abhängige, fast 60tausend Kokainkonsumenten …

DHS Jahrbuch Sucht 2025
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
Pabst, 324 Seiten, digital open access
Ich finde es sehr großzügig von Ihnen den Titel als digital open access bereitzustellen. Vielen Dank!