Rehabilitation für Suchtkranke: Mit kreativer Arbeitstherapie den Einstieg in das Berufsleben vorbereiten

Die soziale und medizinische Rehabilitation von Suchtkranken gelingt nur bei einer kleinen Minderheit. Trotz differenzierter Therapieangebote „werden nur 1,8 Prozent der therapiefähigen Suchtkranken behandelt. Und die Ergebnisse der Behandlung in Einrichtungen für Suchtkranke zeigen, dass mehr als 60 Prozent der Rehabilitanden nach der stationären Rehabilitation rückfällig werden,“ bilanziert Peter Schay, ehemaliger Leiter der Suchthilfeeinrichtung Kadesch in Herne Westf. Er fordert daher „konzeptionelle Umwälzungen im Leistungsangebot der Einrichtungen“ und bietet in seinem aktuellen Sachbuch „Der unendliche Spaß hat seinen Preis“ eine umfassende Analyse.

Neben mangelhafter Koordination der Hilfsangebote kritisiert Schay in erster Linie, dass die berufliche Eingliederung häufig vernachlässigt wird: Wenn nach dem Ende der Behandlung deutlich mehr Rehabilitanden beruflich (re-)integriert würden, wäre die Abstinenzquote wesentlich höher. Dazu müssten die therapeutischen Einrichtungen intensiv mit dem Jobcenter, der Bundesanstalt für Arbeit und den Arbeitgebern zusammenarbeiten, um etablierte Fördermöglichkeiten zu nutzen: geförderte Schul- und Berufsausbildung, Praktikum, Arbeitserprobung u.a. 

Dabei gibt es Stellschrauben, um die Ergebnisse positiv zu verändern: beispielsweise eine (vorübergehende) Absenkung der Belastungs- und Leistungsanforderungen für die Rehabilitanden, um sie schrittweise zu fördern und behutsam auf berufsbezogene Eigenschaften und Kompetenzen vorzubereiten: Engagement, Arbeitshaltung, persönliche Stabilität, soziale Kompetenzen/Interaktion, persönliche Kompetenzen, intellektuelle Fähigkeiten, fachliche Kompetenzen, praktische Fertigkeiten.

„Die Einschränkung der Belastungs- und Leistungsfähigkeit der Rehabilitanden können nur über Anerkennung ihrer erbrachten Leistungen aufgehoben werden. Die Kompetenzen der Betroffenen zu stärken, geht nur über ein positives Feedback, um sie sozial und beruflich zu fördern und eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln.“

Bei Kadesch ist die Arbeitstherapie daher zentral. „Die Rehabilitanden erfahren ihre Tätigkeit als notwendig, sie erfahren das Gefühl, gebraucht zu werden, etwas Sinnvolles zu tun und Verantwortung zu tragen. Über verdiente Erfolgserlebnisse erleben die Rehabilitanden, wie Wachstum möglich ist, dass sie lernfähig sind und unter Anleitung auch Aufgaben meistern können, die ihnen zuvor Angst bereiteten. Sie erleben, dass Arbeit mehr sein kann als lästige Pflichtübung, bei der es nur darum geht, den Lebensunterhalt zu sichern.“

Entsprechend bietet ein umfangreiches Umweltschutz-Projekt den Kadesch-Rehabilitanden reichliche Entfaltungsmöglichkeiten:

  • Mitwirkung im Naturschutzbeirat der Stadt Herne
  • Anlage und Pflege von Biotopen (z.B. Obstwiesen, Hecken, Laichgewässer, Feuchtwiesen, Dach- und Fassadenbegrünung)
  • Biologische Gewässergüte-Bestimmung der Herner Bäche
  • Aktionen für Kinder und Erwachsene: Bau von Nistkästen, Schneiden und Verarbeiten von Weiden, Anbau einer Kräuterspirale, Bau eines Lehmbackofens, einer Wildbienenwand, eines Amphibientümpels  u.a.

Schay berichtet aus fast 40 Berufsjahren in der Sucht-Sozialarbeit einerseits Ideen und Chancen. Anderseits gibt er zu Protokoll: „Die Vorgaben der Leistungsträger zur Dokumentation der Rehabilitation, die reinen Bürokratiekosten und der personelle Aufwand der Rehabilitationseinrichtungen haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Die Folge ist eine enorme Regulierungsdichte, die kaum noch einen Spielraum lässt, mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen die Qualität der Behandlung zu optimieren.“

Der unendliche Spaß hat seinen Preis!
– Grundgedanken zur sozialen und medizinischen Rehabilitation und Leistungsangeboten in der Suchthilfe –
Schay, Peter
Pabst, 306 Seiten

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